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Marketing Review St.Gallen 2.2019 “Doing Business with Platforms”

Marketing Review St.Gallen
Issue: 02/2019
Size: 88 pages

Price: CHF 37.00

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Editorial

In einem Gastbeitrag im Nachrichtendienst Techrunch schrieb Tom Goodwin (Präsident of Strategy und Innovation bei Havas Media) im Frühjahr 2015 Folgendes: „Uber, the world’s largest taxi company, owns no vehicles. Facebook, the world’s most popular media owner, creates no content. Alibaba, the most valuable retailer, has no inventory. And Airbnb, the world’s largest accommodation provider, owns no real estate. Something interesting is happening.“

Spätestens mit diesem Zitat hat die sogenannte Plattformökonomie ihren festen Platz in der Diskussion um Geschäftsmodell-Innovationen, exponentielles Wachstum und (gerade in den letzten Monaten) Marktdominanz bzw. Monopolisierung gefunden. Unternehmen, denen es gelingt, relevante Marktasymmetrien durch eine digitale Austauschplattform auszugleichen und eine Vielzahl von Anbietern und Nachfragern miteinander zu verknüpfen, sind anscheinend in der Lage, Wachstumspotenziale zu er-schliessen, von denen traditionelle Unternehmen (auch Pipelines genannt) mit linearen Wachstumsaussichten nur träumen können.

Damit sind Plattformen für viele Unternehmen zur entscheidenden Wachstumsoption aus der Sicht der marktorientierten Unternehmensführung geworden. Sie bieten als neuartiges Geschäftsmodell die Chance, neue Marktpotenziale mit einer Leistungsinnovation zu erschliessen und damit neue Ertragspotenziale zu erreichen. Vielfach jedoch wird dabei das eigene Unternehmenspotenzial bzw. die Relevanz der jeweiligen Marktposition zu sehr überschätzt. Zum einen, weil attraktive Felder, die sich für Plattformangebote eignen, bereits von bestehenden Playern besetzt sind. Zum anderen, weil sich die Unternehmen in ihren eigenen Fertigkeiten und Leistungspotenzialen massgeblich überschätzen. Jedoch beweisen Unternehmen, wie das gerade viel diskutierte Beispiel „shopify.com“, dass es immer noch gelingen kann, relevante Ansatzpunkte zu finden und in ein Plattformgeschäft zu transferieren.

Aus der Sicht des Marketingmanagements ergeben sich aber gerade aus den aktuellen Entwicklungen zusätzliche Herausforderungen für die sogenannten „Go to market“-Strategien eines Unternehmens. Die teilweise übermächtige Dominanz bestimmter Plattformen, wie bspw. im Falle der „Gang of four“ – Google, Amazon, Facebook und Apple – führt zu Abhängigkeiten und Machtverschiebungen, wie wir sie im Marketing das letzte Mal zur Zeit der aufkommenden Handelskonzentration im Einzelhandel vorfanden. Eigene Marketingmassnahmen müssen nun über mächtige Marktmittler an die Kunden herangetragen werden. Dabei nimmt der Mittelsmann vielfach eine so dominante Stellung ein, dass es für Anbieter notwendig ist, sich für zwei Abnehmergruppen zu profilieren. Nicht mehr nur der Endkunde mit seinen Ansprüchen muss erfolgreich angesprochen und bedient werden, sondern auch der Intermediär wird mit seinem Einfluss auf die eigentliche Kundengruppe zum zentralen Player.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stellen sich verschiedene Herausforderungen, die es wert sind, aus einer marktorientierten Perspektive untersucht zu werden. Einige Aspekte dieser Sichtweise greifen wir in der vorliegenden Ausgabe der Marketing Review St.Gallen auf. Unsere Autoren liefern Antworten auf verschiedene zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Plattformökonomie. Sicherlich sind damit nicht alle Themen und Perspektiven abgedeckt, ein Anfang ist damit aber gemacht. Wir wünschen viel Spass und interessante Gedankenanstösse bei der Lektüre!

Prof. Dr. Marcus Schögel